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Österreich - Kals am Großglockner | |
![]() Kartenausschnitt |
![]() |
03.08.2008
bis 07.08.2008![]() |
Vom Parkplatz am Lucknerhaus geht es über die Lucknerhütte zur Stüdlhütte. Von dort aus wird der Großglockner über den Stüdlgrat bestiegen. Der Abstieg erfolgt über die Glocknerscharte und die Adlersruhe zurück zur Stüdlhütte |
Tour über den Stüdlgrat
(August 2016)
neu
Eine Tour mit Hindernissen
- aber glücklichem Ausgang
Am Sonntag, den 03. August 2008 brechen die Mitglieder der Hochtourengruppe Heinz, Jürgen, Manfred und Rüdiger von Kassel nach Kals am Großglockner auf. Wir haben uns vorgenommen, den mit 3798 m Höhe höchsten Berg Österreichs, den Großglockner, über den steilen und ausgesetzten Stüdlgrat zu besteigen.
Nach neun Stunden Autofahrt erreichen wir den Parkplatz direkt am Lucknerhaus (1918 m) und steigen von hier aus in zweieinhalb, schweißtreibenden Stunden über die Lucknerhütte (2241 m) zur bestens geführten Stüdlhütte (2802 m) auf.
Parkplatz am Lucknerhaus
(1918 m)
Blick zurück zum
Parkplatz `Lucknerhaus`
Lucknerhütte
(2241 m)
... eine kurze Rast an
der Lucknerhütte
v.l. Heinz, Manfred, Rüdiger
und Jürgen
... noch ca. 1 Stunde
bis zur
Stüdlhütte
Die
Stüdlhütte (2802 m)
ist erreicht
Nach einem exzellenten `Drei Gänge Menü` auf der Stüdlhütte trinken wir noch zwei Radler und legen uns Schlafen. Nach dem Frühstück wollen wir Vier uns für die geplante Haupttour akklimatisieren und beschließen, den Einstieg in den Stüdlgrat zu erkunden und von dort weiter zum Romariswandsattel (3426 m) aufzusteigen. Über die steile, felsige Fanatscharte steigen wir hinauf zur sog. Schere am Teischnitzgletscher (3037 m) und seilen uns dort wegen der Gletscherspalten an.
Aufstieg ab der
Fanatscharte zur Schere, - mit Blick zurück zur
Stüdlhütte
und ihrem Hausberg dem Fanatkogl (2905 m)
... der Aufstieg zur Schere am
Teischnitzkees
... wir sind an der
sog. Schere (3037 m) angekommen
... die ersten Meter
auf dem Teischnitzkees...
... im Hintergrund von links die Glocknerwand, die
Glocknerscharte, das Teufelshorn und
der Stüdlgrat mit dem Großglockner; rechts vorn der
Luisengrat
Vergrößerung mit Erklärung
Über den Teischnitzkees, in Österreich werden Gletscher als Kees bezeichnet, steigen wir linkseitig des Luisengrates, vorbei an einer riesigen Wandkluft, hinauf. Unser Höhenmesser zeigt bereits 3100 m Höhe an. Bis zu Einstieg in den Stüdlgrat sind nur noch 164 Höhenmeter zu überwinden; - also nur noch wenige Minuten und wir sind da.
... auf dem Teischnitzgletscher - Heinz, Manfred und ganz hinten
Jürgen
Aber es
soll ganz anders kommen -
das Schicksal schlägt um 09.28 Uhr
unbarmherzig zu!
Ohne Vorwarnung oder für uns erkennbare Anzeichen fällt unser Bergkamerad Manfred, der als Vorletzter in der Seilschaft geht, zur Seite und bleibt regungslos auf dem Eis liegen. Der erste Gedanke, dass Manfred lediglich gestolpert ist, sollte ein `frommer Wunsch` bleiben. Manfred atmet nicht mehr und sein Herz hat aufgehört zu schlagen! Ohne zu zögern wird im Team mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen; - 15x Herzdruckmassage, 1x bei überstrecktem Kopf durch die Nase beatmen und immer so weiter. Zeitgleich wird mittels GPS-Gerät der genaue Unglücksort eingemessen. Wir befinden uns genau an der Koordinate 33T 0324346 / UTM 521540 auf 3188 m Höhe über Null. Mit dem Handy kann nach einigen fehlgeschlagenen Verbindungsversuchen über Notruf 112 die Rettungsleitstelle Tirol erreicht werden. Der medizinische Notfall wird gemeldet, die Unglücksstellen-Koordinaten der Rettungsleitstelle übermittelt. Der Einsatz des Rettungshubschraubers wird bestätigt. Einige endlos erscheinende Minuten sind bereits vergangen, - kein Lebenszeichen! Die Zeit scheint uns wegzulaufen, - die Hoffnung auf ein gutes Ende schwindet. Urplötzlich zeigt die Herzdruckmassage Wirkung und Manfred beginnt wieder zu atmen. Sein Zustand stabilisiert sich. Der Leitstelle Tirol wird mitgeteilt, dass der Patient wieder bei Bewusstsein ist. Wenige Minuten später fliegt der Rettungshubschrauber 'Alpin Heli 6' über den Romariswandsattel zielgenau die Unglücksstelle an. Wegen der Steilheit des Gletschers kann er aber nicht landen, dreht ab und muss zur Stüdlhütte hinunter fliegen. Dort nimmt er Notarzt und Rettungssanitäter an das Rettungsdrahtseil, welches manuell unter dem Hubschrauber befestigt wird und fliegt erneut die Unglücksstelle an.
Der Rettungshubschrauber
"Alpin Heli 6" aus Zell am See über
der Unglücksstelle
Der Pilot kann das Rettungsteam sicher auf dem Gletscher absetzen. Manfred, dem es wieder etwas besser geht, wird vom Notarzt kurz in Augenschein genommen und zusammen mit dem Rettungsteam an das Rettungsdrahtseil eingehakt. Mit den am Seil Hängenden fliegt der Helikopter "Alpin Heli 6" talwärts in Richtung Stüdlhütte davon.
Der Abflug
Nach unserer Rückkehr in der Stüdlhütte erfahren wir vom Hüttenwirt, dass Manfred mit Verdacht auf Herzinfarkt in das Klinikum Zell am See geflogen und dort stationär aufgenommen wurde. Unser Dank gilt an dieser Stelle der Hubschrauberbesatzung sowie den Mitarbeitern/innen der Rettungsleitstelle Tirol für die professionell durchgeführte Rettung, wobei wir das Klinikpersonal Zell am See, für die hervorragende Betreuung unseres Bergfreundes, unbedingt mit einbeziehen möchten. Bereits am Abend konnten wir mit Manfred telefonisch Kontakt aufnehmen und mit Erleichterung aufnehmen, dass eine Besserung seines Gesundheitszustandes eingetreten ist.
... am Abend steigen wir noch wenigen Meter auf Hausberg der Stüdlhüte,
den Fanatkogl (2905 m)
Der Stüdlgrat
05.08.2008
INFORMATIONSTAFEL ZUM STÜDLGRAT
Am Dienstagmorgen um 06.00 Uhr steigen Jürgen, Heinz und Rüdiger auf dem bereits bekannten Weg zum Stüdlgrat auf. Mit dem Wissen, dass es Manfred besser geht, wollen wir doch noch auf den Großglockner (3798 m).
Der Wetterdienst hat eine einigermaßen stabile Wetterlage vorausgesagt und wir steigen um 07.30 Uhr in den Stüdlgrat ein. Nach und nach verdichten sich die Wolken, - es zieht sich immer mehr zu. Zunehmender Wind, Kälte und einsetzender Regen lassen den Aufstieg zur echten Herausforderung werden.
Im unteren Teil des Stüdlgrates
(oberhalb des Einstieges)
Jürgen und Heinz im
steilen Stüdlgrat
Ausgesetzte Block- und Plattenkletterei, teilweise bis zum IV+ Schwierigkeitsgrat, fordert Kraft und Ausdauer. Schwierigste Stellen sind zwar mittels Zugseilen und Eisenstiften `entschärft` worden, - aber `Leicht` ist etwas anderes. Ab und zu aufreißende Wolken lassen Blicke in die Tiefen rechts und links des Grates zu.
Jürgen im Vorstieg
Der sog.
"Frühstücksplatz" im Stüdlgrat (3550 m) -
wer von der Stüdlhütte bis hier länger als 3 Stunden
Gehzeit benötigt,
dem wird dringend geraten, hier umzukehren !!!
Die Hauptschwierigkeiten kommen nämlich erst noch im
oberen Teilstück ....
... ich, kurz
unterhalb vom "Frühstücksplatz"
... ab dem
"Frühstücksplatz" beginnen die Schwierigkeiten
... ausgesetzte
Passagen, die keinen Fehltritt erlauben, gilt es zu
meistern
... eine der
schwierigen und durch Nässe äußerst glatten Platten, an
denen es rechts und links in die Tiefe geht
(... gemischte
Gefühle beim Überklettern!)
... über letzte
Platten, dem Gipfel des Großglockner entgegen.
Gegen 13. 30 Uhr stehen wir
bei null Sicht und einer 'Saukälte' am Gipfelkreuz.
... am Gipfelkreuz
des Großglockner
Nach einer kurzen, ungemütlichen Rast geht es an den beschwerlichen Abstieg hinunter zur Adlersruhe. Der Abstieg, natürlich wieder in dichtem Nebel, fordert nochmals volle Konzentration und bedingt durch den nassen Fels, durchgehende Sicherung.
... ein
Aufreißen der Wolken lässt einen kurzen Blick auf das
Glocknerhaus,
die Hochalpenstraße und die Pasterze zu
...
kurz vor der Adlersruhe (Erzherzog-Johann-Hütte)
Vom Hauptgipfel (3798 m) geht es durch die ausgesetzte Glocknerscharte hinüber zum Kleinglockner (3770 m). Auf dem steil abfallenden Eisleitl und weiter über das Glocknerleitl klettern wir bis zum oberen Teil des Hofmanngletscher ab. Wir legen unsere Steigeisen an. Ab hier gilt es, die bis zu 45° steile Gletscherflanke hinunter zur Adlersruhe, mit dem Erzherzog-Johann-Haus (3372 m), abzusteigen. Dort treffen wir, bedingt durch die widrigen Witterungsverhältnisse, erst gegen 18.30 Uhr ein.
Da wir bis zur Stüdlhütte noch gut zwei Stunden absteigen müssen und wir auf eine `Nachtwanderung` keinen besonderen Wert legen, klettern wir ohne Pause über den Klettersteig 712A auf den Ködnitzgletscher ab und überqueren diesen angeseilt hinunter bis zum südlichen Abbruch.
... Blick von der Adlersruhe hinunter auf den
Ködnitzgletscher und weiter unten
auf Lucknerhütte & Lucknerhaus
... von der Adlersruhe führt ein Klettersteig hinunter auf den
Ködnitzgletscher
... der
Ködnitzgletscher wurde talwärts überquert. Hier ein Blick
vom Salzkopf zurück zum Stüdlgrat und zur rechts liegenden
Adlersruhe
Über den geröllreichen Salzkopf geht es auf
markiertem Weg zurück zur Stüdlhütte, die wir um 21.00 Uhr
ausgepowert, aber wohlbehalten erreichen.
... die schön
gelegene
Stüdlhütte in der Morgensonne
Nach einer weiteren Nacht auf der sehr zu empfehlenden Stüdlhütte, steigen wir am Mittwoch zum Parkplatz `Lucknerhaus` ab, um von dort nach Zell am See zu fahren.
... Blick aus der Materialseilbahnumlenkstation auf die
Stüdlhütte
und den
Fanatkogl (2905 m)
... Pause an der
Lucknerhütte - im Hintergrund der Großglockner
Im Krankenhaus erfahren wir, dass unser
Bergkamerad zwecks weiterer Untersuchungen nach Salzburg
verlegt wurde und erst am Donnerstag in das Krankenhaus Zell am
See zurückgebracht wird.
So übernachten wir eine Nacht in Zell am
See und besuchen Manfred nach seiner Rückkehr aus
Salzburg. Leider können wir Manfred nicht mit nach Hause
nehmen.
Der Rücktransport nach Hause wird über den
informierten Vorstand der Sektion Kassel in Absprache mit
den Angehörigen organisiert.
Eine aufregende und keinesfalls Nerven
schonende Torenwoche geht zu Ende.
Manfred wünschen wir eine vollständige
Genesung und noch viele schöne Bergerlebnisse.
Zum Schluss noch zwei Impressionen vom Zeller See ...
Der berühmte
"Österreich-Brunnen" von Friedensreich Hundertwasser, der
direkt am Zeller See neben dem Grandhotel steht. Jede Säule
steht für eines der neun Bundesländer Österreichs
und enthält die Wappenfarben des jeweils symbolisierten
Bundeslandes. Die Säulenhöhe spiegelt die anteilmäßige
Bevölkerungszahl Österreichs wieder.
... nach einem letzten
Kaffee geht es wieder auf die Heimreise
TOURENBESCHREIBUNG - STÜDLGRAT
siehe auch:
Tour über den Stüdlgrat (August 2016)
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